
Löwenzahn
Das Wort Löwenzahn setzt sich aus dem lateinischen Substantiv leō und dem auf das Indogermanische zurückzuführende Substantiv *dont- zusammen. Die Löwenzahnpflanze (lat. Taraxacum) besitzt spitze gezahnte Blätter – dies ist vermutlich der Grund, aus dem das Wort seit dem 16. Jahrhundert für diese Pflanze verwendet wurde.

In manchen Regionen Deutschlands wird die Pflanze neben anderen aufgrund ihrer Farbe auch „Butterblume“ genannt. Unter dem Begriff Löwenzahn (lat. Taraxacum officinale) lassen sich viele gelbe Korbblütler (lat. Asteraceae)mit Zungenblüten zusammenfassen. Wenn aber die Rede vom Löwenzahn ist, wird mit Wahrscheinlichkeit der Gewöhnliche Löwenzahn (lat. Taraxacum sect. Ruderalia) gemeint sein. Das markanteste Merkmal dieser Pflanze ist wohl die Art der Verbreitung ihrer Frucht. An der Frucht befindet sich ein Schirmchen, mit dem sie je nach Stärke des Windes bis zu 15 Kilometer weit getragen werden kann. Allgemein bekannt ist die Pflanze auch unter dem Namen „Pusteblume“, vermutlich so benannt, weil man die Schirmchen mit der Frucht auch „wegpusten“ kann, wenn es gerade nicht windig ist. Wenn sich auf einer Wiese eine große Anzahl von Löwenzahnpflanzen befindet, ist dies ein Indikator für einen hohen Stickstoffgehalt im Boden. Dies kann das Resultat einer Überdüngung sein.
Der Löwenzahn gehört in die Sparte der Heilpflanzen. Der hohe Gehalt an Kalium und an Bitterstoffen in der Pflanze wirkt nach Verzehr verdauungsfördernd und appetitanregend, außerdem wird ihr noch eine harntreibende Wirkung zugesprochen. Die Blüten des Löwenzahns sind essbar und werden wegen ihres besonderen Geschmacks für die Produktion von Sirup oder Bonbons verwendet. Die Blätter können gut gewaschen zu einem schmackhaften Salat verarbeitet werden oder man gewinnt Saft daraus.
Viele Autor:innen haben sich dem Löwenzahn gewidmet. Ein lyrisches Beispiel ist das Gedicht „Löwenzahn“ von Silke Scheuermann:
Wie ich den Wind liebe;
er kämmt Gräser und schleift Steine glatt,
lenkt meine Samen,
er ist immer da,
mal stärker, mal schwächer.
Wenn ich den Wind mit euch vergleiche,
so wie ihr alles vergleicht,
schneidet ihr schlecht ab.
Er bemühte sich nie, mir einen Namen zu geben
wie ihr. Und dennoch: Ich bevorzuge ihn.
In seiner körperlosen Präsenz, ist er
mein Vater und Herr. Seine Art,
mich zu berühren, zielbewusst, ohne falsches
Gefühl, den Regen zu bringen, Gerüche.
Er lässt mich vergessen, wie kleinlich
die Welt ist, die mich Unkraut nennt.
Erstaunlich, dass ihr über die Runden kommt,
ganz ohne Besitz, ohne eigenen Platz am Boden.
Noch dazu seid ihr schwer,
wie beladen mit zehntausend Blüten.
Dass ihr nach eigenen Regeln lebt,
kann ich nur vermuten.
Wie froh ich bin, keine Gesetze zu kennen,
die so viel Zerstörung bringen, so viel Leid.“
Scheuermann, 50
Die Autorin hat bei diesem Gedicht versucht die Perspektive der Pflanze einzunehmen. Aus der Sicht der Pflanze sieht sie die Menschen als winzigen, kaum nennenswerten Teil des Ganzen. Der Text suggeriert eine Unabhängigkeit der Pflanze von den Menschen, die aufgrund ihrer (moralischen) Gesetze nicht im gleichen Maße frei sind, wie der Löwenzahn. Ein Gedicht, das zum Nachdenken anregt und dazu beitragen könnte, die Plant Blindness ein Stück zu überwinden.