Die Passionsblume

Die meistenMenschen aus christlich geprägten Ländern des globalen Westens kennen die Geschichte der Kreuzigung Jesu. Er trug eine Dornenkrone, 10 Apostel waren anwesend. Jesus wurde an das Kreuz genagelt und die Nägel haben bei der Auferstehung Wundmale hinterlassen. Was hat das nun mit der Passionsblume zu tun? Nichts? Da haben die Jesuit*innen aber eine andere Meinung. In der ganzen Blüte erkennen sie Teile der Passionsgeschichte. Sie sehen in dem Strahlenkranz der Blume die Dornenkrone Jesu und in den je fünf Kronblättern und Kelchblättern die 10 Apostel (ohne Judas und Petrus). In den fünf Staubbeuteln erkennen sie die Wundmale Jesu wieder, die drei Griffel symbolisieren ihnen die Nägel.

Abb. 1: Blüte der Passiflora incarnata
Abb. 2: Passionsfrucht

Der Name der Pflanze stammt also von den christlichen Einwanderern, angelehnt an die Passionsgeschichte. Der lateinische Name bedeutet übersetzt „die fleischgewordene Passionsblume“. Natürlich sind nicht alle Passionsblumen „fleischgeworden“, es gibt 530 verschiedene Arten, die meisten stammen aus Mittel- und Südamerika. Durch Züchtungen im 20. Jahrhundert kamen noch viele weitere Hybridarten der Passiflora dazu. Die Arten variieren bezüglich der Blütenfarbe, der Blattgröße, der Blattfarbe und der Größe der Früchte. Die bekannteste Frucht einer Passionsblume ist wohl die Passionsfrucht, sie stammt aber nicht von der Art incarnata.

Das vorliegende Exponat ist eine Passiflora incarnata und stammt aus der Lebendsammlung des Wissenschaftsgarten Riedberg der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Der Garten selbst ist Tradition, er geht auf den Stiftungsbrief von J. C. Senckenberg aus dem Jahr 1763 zurück. Diese Art der Passionsblume stammt aus dem Südosten der USA. Durch Verschleppung ist die Pflanze mittlerweile auch außerhalb von botanischen Gärten und Zuchtbereichen freilebend. Sie ist ein Klettergewächs mit violetten Blüten und kann bis zu 6 Metern hoch werden, in sehr seltenen Fällen sogar bis zu 10 Meter, das entspricht einem dreistöckigen Haus.

Abb. 3: Passionsblume aus der Lebendsammlung der Goethe-Universität im Wissenschaftsgarten Riedberg

Aber die Pflanze ist nicht nur schön anzusehen, sie wird auch in der Medizin verwendet, beziehungsweise der Homöopathie. Ihre oberirdischen Teile können auf verschiedene Arten verarbeitet werden und sollen gegen Schlaflosigkeit, Krämpfe und Unruhezustände helfen. Falls also der Baldrian mal nicht wirkt, tut es vielleicht die Passionsblume. Allerdings gibt es wenige Studien zu ihrer Wirksamkeit, lediglich sicher ist, dass sie bei nervösen Unruhezuständen zur Linderung beiträgt und das ohne bekannte Nebenwirkungen. So wurde die Passiflora incarnata 2011 zur Arzneipflanze des Jahres 2011 gekürt[2]. Dies ist aber verwunderlich, da die Pflanze nicht in Deutschland beheimatet ist und nur als Arzneipflanze dient. Das Exponat an der Goethe-Universität hat somit keinen Ziernutzen, es soll nur die Pflanze selbst zeigen. Dabei ist die Gattung der Passiflora sehr schön anzusehen, es ist zu hoffen, dass noch weitere Arten in der Lebendsammlung zu bewundern sein werden, auch wenn sie nicht religiös geprägt sind.

Literaturangaben:
DeWilde, Willem Jan Jacobus Oswald: The genera of tribe Passifloreae (Passifloraceae), with special reference to flower morphology. In: Blumea 22 (1974), 37–50.
Dörken, Veit Martin/Jagel, Armin: Passiflora spp. – Passionsblumen (Passifloraceae). In: Bochumer Botanischer Verein (Hg.): Jahrbuch des Bochumer Botanischen Vereins für das Jahr 2011. Band 3. Bochum 2012.Duve, Karen/Völker, Thies: Lexikon berühmter Pflanzen. Zürich 1999.
Klock, Peter: Das große Buch der Passionsblumen. Hamburg 1996.
Ulmer, Bettina / Ulmer, Thorsten: Passionsblumen. Eine faszinierende Gattung. Witten 1997.
Sammlungen an der Goethe-Universität (2021),
http://sammlungen.uni-frankfurt.de/objekt/134/passionsblume-passiflora-incarnata/ (21.01.2021).
Abbbildungsverzeichnis:
Abbildung 1: H3ini, https://de.wikipedia.org/wiki/Passiflora_incarnata#/media/Datei:Passiflora_incarnata_flower.jpg, Lizenz: public domain.
Abbildung 2: MissSuki, https://pixabay.com/de/photos/maracuja-passionsfrucht-obst-3519303/, Pixabay Lizenz.
Abbildung 3: (c) Tom Stern, http://sammlungen.uni-frankfurt.de/objekt/134/passionsblume-passiflora-incarnata/.