
Der gemeine Efeu – ist er wirklich so gemein?
Drei Namen, eine Bedeutung, der Efeu ist vielseitig. Egal ob Gemeiner Efeu, Gewöhnlicher Efeu oder kurz Efeu, dieses Gewächs kann den Menschen den Nerv rauben. Der Efeu mit Herkunft aus dem althochdeutschen (ebihouwie uvm.), gehört zur Familie der Araliengewächse und trägt weitere landschaftliche Namen, wie Epheu (p und h getrennt gelesen), Baumwinde oder Eppich. Für seinen Namen ist eine im 17. Jahrhundert aufkommende Fehldeutung verantwortlich, bei welcher ph als f gedeutet wurde.
Immergrün, rankend und schwankend, der Efeu ist variabel. Durch seinen Sprossdimorphismus bedeckt er ganze Wände. Kriechend verbreitet er sich. Als ausdauernde Pflanze kann er den Menschen den Nerv rauben, hält Jahre lang, kommt immer wieder, rankt und blüht zu jeder Jahreszeit. Kaum eine Hauswand bleibt sicher, erreicht er doch Höhen von 20 bis 30 Metern. Kein Grund, sich zu wundern, ist er doch in Mitteleuropa der einzige einheimische Wurzelkletterer. Beginnt der Prozess auch langsam mit einigen Adventivwurzeln (Sprossachse, welche flaumig mit Haaren bedeckt ist), erreicht er in Kürze einen Zustand, in welchem er blüht und bald Früchte trägt.



Mit seinen 450 Jahren, die er erreichen kann, überlebt er Generationen an Menschen, überlebt länger als manch Haus, welches er besiedelt. Mit der Zeit entwickelt er sich vom unscheinbaren Strauch, zum hölzernen Stamm, der knapp 30 cm Durchmesser umfassen kann. Betrachtet man weiterhin seine Frucht, lässt sich eine ebenso große Vielfältigkeit wie bereits in seinem Namen erkennen: So können reife Früchte bläulich, grünlich-schwarz, ja gar gelb oder weiß werden. Pro Beere der Frucht sind bis zu fünf Samen vorhanden, welche zur Verbreitung des Efeus beitragen.
Doch was bringt der Efeu, ist er doch der Menschen Graus? Des Menschens Leid, der Tiere Wohl: Aufgrund seiner späten Blütezeit dient der Efeu als wichtige Nahrungsquelle für verschiedenste Insekten wie Wespen, Schwebefliegen oder Bienen, die wiederum Grundlage für das menschliche Leben sind. Bei genauerer Betrachtung stellt sich doch die Frage: Ist der Efeu denn wirklich so unnütz? Ist er doch gewissermaßen überlebensnotwendig? Auch hier kann ein Blick in die Medizin geworfen werden: Ist der Efeu noch so giftig und dies in wirklich all seinen Bestandteilen, weißt er doch in der Volksheilkunde Nutzen gegen Nervenschmerzen oder in der Allgemeinmedizin bei der Bekämpfung von Reizhusten, Bronchialerkrankungen oder Krampfhusten auf.
Weiterhin soll auf die Symbolik des Efeus ein Blick geworfen werden: Viele Autoren berichten über den Efeu, so auch Marianne Beuchert, welche aufzeigt, dass die ersten Christen ihrerseits Verstorbene auf Efeu legten, wenn diese gläubig waren. Andere, nichtgläubige Menschen hingegen wurden auf Zypressen gebettet. Dem Efeu kommt hier eine Bedeutung zu, die sich noch heute bei Efeuumwobenen Gräbern anschauen lässt: als Zeichen des Lebens im Tode. Um jedoch im weiteren auf einen literarischen Text aufmerksam zu machen, wird Goethes Gedicht „Efeu und ein zärtlich Gemüt“ angebracht:
Efeu und ein zärtlich Gemüt,
heftet sich an und grünt und blüht,
kann es weder Stamm noch Mauer finden,
es muß verdorren, es muß verschwinden.Johann Wolfgang von Goethe
Jenes von Goethe geschriebene Gedicht thematisiert den Efeu. Nicht gerade ungewöhnlich, schrieb Goethe doch viele Gedichte über die Natur und den Garten mit seinen typischen Gewächsen. Bei Goethe wird der Efeu als Gewächs von Zärtlichkeit beschrieben. Er ist grün, blüht und benötigt einen Stamm oder eine Mauer zum Ranken, andernfalls kann sie nicht überleben. Der Efeu ähnelt mit seiner Beschreibung dem Menschen, welcher zum Leben ein festes Fundament benötigt. Und auch zuletzt stellt sich die Frage, ist der gemeine Efeu wirklich so gemein?