Äpfel

Frisch, knackig und süß, säuerlich-saftig oder doch eher weich und mehlig? Knallrot oder lieber giftgrün? Groß, klein oder genau in die Handfläche passend? Der Apfel tritt in nahezu allen Farben, Formen, Größen und Geschmacksrichtungen auf. Nicht umsonst gilt er mit mehr als 20.000 Sorten, wie Granny Smith, Elstar oder Gala als beliebteste Frucht der Deutschen.

Die Frucht des Apfelbaums, dessen wissenschaftlicher Name Malus lautet, gehört zur Ordnung der Rosenartigen (Rosales) und zur Familie der Rosengewächse (Rosaceae). Innerhalb dieser wird der Apfel zu den Kernobstgewächsen (Pyrinae) gezählt.

Die Urheimat der beliebten Frucht ist Zentral- und Westasien.
Innerhalb tausender Jahre hat sich der Apfel über die gesamte Erdkugel verbreitet und gelangt im Zusammenhang der Feldzüge der Römer um etwa 100 v. Chr. von Italien nach Nordeuropa. Die Gattung Malus umfasst in etwa 42-55 Arten, von denen der Kulturapfel (Malus domestica) weltweit die mit Abstand bedeutendste darstellt.

Abb. 1: Illustration des Kulturapfels

Der Träger der Früchte, der Apfelbaum, ist ein sogenannter sommergrüner Laubbaum oder Strauch. Die Laubblätter zeichnen sich durch eine oval- bis ei- oder ellipsenförmige Kontur aus. Sie sind wechselständig angeordnet und gestielt.

Abb. 1: Apfelblüte (Malus domestica)

Ganz zu Beginn, bevor der fertige Apfel im Früh- oder Spätherbst geerntet werden kann, steht jedoch die fünfblättrige Blüte. Diese leuchtet zwischen April und Juni strahlend weiß oder rosa-rot und erreicht dabei einen Durchmesser von zwei bis fünf Zentimeter. Der Apfel selbst besteht aus Schale, Fruchtfleisch und dem Kerngehäuse.

Aus kulinarischer Sicht betrachtet, findet der Apfel zahlreiche Verwendungen. Er passt hervorragend als Beilage zu herzhaften Gerichten, kann aber auch für eine zusätzliche Frische als Ingredienz in Salaten verwendet werden. Viele werden die Apfelfrucht wahrscheinlich als Bestandteil von süßen Speisen, wie Kuchen, Strudel oder Mus kennen. Für manch einen besitzt der Bratapfel zur Weihnachtszeit schon traditionellen Charakter. Gerne wird der Apfel auch in Säften oder Weinen verwendet oder in seiner Rohform als Snack für zwischendurch genossen. Daneben findet der Apfel auch in der Medizin Verwendung. Die Apfelschale ist besonders reich an Pektin, das Fruchtfleisch enthält Apfel- und Zitronensäure. Bereits in der früheren Volksheilkunde werden die Früchte gegen Skorbut und Zahnfleischbluten empfohlen. Fein gerieben hilft er Durchfallerkrankungen einzudämmen. Die Wirkstoffe der Frucht reinigen das Blut. Regelmäßig zu sich genommen, können sie gegen Gicht, Rheuma, Arteriosklerose und andere Stoffwechselerkrankungen helfen. Somit scheint sich der oft verwendete Spruch: „An apple a day keeps the doctor away!“ („Ein Apfel pro Tag hält den Arzt fern!“) zu bewahrheiten.

Betrachtet man den Apfel mit all seinen Eigenschaften, scheint sich dieser vor allem durch seine positiven Merkmale auszuzeichnen. Umso erstaunlicher ist daher die Bedeutung seines lateinischen Namens Malus. Übersetzt bedeutet dies nämlich schlecht, böse/bösartig, schlimm oder auch gering. Wie kann es sein, dass eine so vielseitig verwendbare Frucht mit solch einem negativen Namen versehen ist?

Der Apfel hat eine lange länderübergreifende historische und mythologische Geschichte und zeichnet sich durch seine starke Symbolkraft aus. Bereits in der Antike zeigt sich eine negativ konnotierte Seite der Frucht. Ein goldener Apfel, welcher später im Übrigen zu der Bezeichnung Zankapfel führt, gilt unter anderem als Auslöser für den Trojanischen Krieg. Die beiden biblischen Figuren Adam und Eva essen im Paradies von einer verbotenen Frucht. Obgleich diese im Bibeltext nie explizit als Apfel bezeichnet wird, wird sie in der Regel jedoch mit diesem assoziiert. Vielen wird hier vielleicht auch der vergiftete Apfel in den Sinn kommen, mit welchem die böse Königin in Grimms Märchen versucht Schneewittchen zu töten.

Abb. 3: Adam und Eva
Abb. 4: Äpfel in der Literatur

Es zeigt sich, dass der Apfel wie keine andere Frucht Eingang in die Brauchtümer früherer menschlicher Kulturen gefunden hat. Wie bereits
angedeutet, ist die Apfelpflanze dabei auch in der Literatur vielfach vertreten. In Friedrich Schillers Drama „Wilhelm Tell“ ist es der Apfel, welcher die entscheidende Wende für den Helden herbeiführt.

Durch den legendären Apfelschuss sichert sich Tell sein Leben und wird zum Vorkämpfer der schweizerischen Unabhängigkeit. In Goethes „Faust“ werden die Früchte des Apfelbaums während der Walpurgisnacht verwendet, um damit dichterisch auf die weibliche Brust hinzudeuten. In dem vergleichsweise neueren Werk „Niederungen“ verleiht Herta Müller den Früchten ein mit Leberflecken übersehenes Gesicht und schreibt ihnen zudem eine gewisse menschenähnliche Handlungsmacht zu, indem die Äpfel ihren Duft eigenständig gegen das Gesicht der Protagonistin strömen lassen. Es zeigt sich, dass der Status des Apfels, sowie die historische und gegenwärtige Mensch-Pflanze-Beziehung außerordentlich vielfältig ist. Bereits in frühen Epochen interagiert der Mensch mit der Frucht. Man könnte fast sagen, dass eine gewisse Anziehungskraft von dieser ausgeht, welche die Menschheit seit Jahrtausenden nicht loslässt.

Häufig wird Pflanzen in vielen wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Bereichen nicht die Aufmerksamkeit entgegengebracht, die ihnen zusteht. Man kann in diesem Zusammenhang von „Plant Blindness“ („Pflanzenblindheit“) sprechen, da die Pflanze an sich, aber vor allem ihre Bedeutung für den Menschen, schlichtweg nicht gesehen wird. Beim Apfel scheint dies allerdings nicht zuzutreffen. Bereits in der frühesten Antike erhalten Äpfel eine breit gefächerte Bedeutung. Diese kann sowohl positiv als auch negativ konnotiert sein. So kann er einerseits für Vollkommenheit, Glück, Macht, Leben, Liebe, Weiblichkeit etc. stehen. Andererseits symbolisiert er zugleich auch Streit, Versuchung und den Tod.

Inwieweit sich die Bedeutung von Äpfeln in der kommenden Zeit noch ändern wird, sei dahingestellt. Wünschenswert wäre aber sicherlich, dass die Apfelpflanze, ganz im Sinne der Cultural Plant Studies, weiterhin in solch vielfältiger Bedeutung erscheint und sich als selbstständiger Akteur noch sichtbarer in das Blickfeld der Menschen rückt.

Literaturangaben:
Evangelische Kirche in Deutschland (Hg.): Die Bibel. Nach der Übersetzung Martin Luthers. Mit Apokryphen. Stuttgart 2007.
Fallgatter, Andreas J.: Zankapfel Psychotherapie. In: PSYCH up2date 15 (2021), 3-4.
Müller, Herta: Niederungen [1984]. In: Dies. Niederungen. München 2020.
o.V.: Apfel (Malus domestica). In: Pflanzenlexikon. Die Flora der Welt von A bis Z. o.J., https://www.pflanzen-lexikon.com/index.php?a=malus domestica&l=de (02.07.2021).
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Schiller, Friedrich: Wilhelm Tell. Hg. von Johannes Diekhans. Paderborn 1998.
Stobbe, Urte: Plant Studies: Pflanzen kulturwissenschaftlich erforschen – Grundlagen, Tendenzen, Perspektiven. In: Kulturwissenschaftliche Zeitschrift 4/1 (2019), 91-106.
Von Goethe, Johann Wolfgang: Faust. Der Tragödie erster Teil. Hg. von Johannes Diekhans. Paderborn 2013.
Abbildungsverzeichnis:
Abbildung 1: Thomé, Otto Wilhelm, www.BioLib.de, Lizenz: GNU Free Dokument License, Pyrus malus.
Abbildung 2: Jerzy, Opiola,https://en.wikipedia.org/wiki/Apple#/media/File:Malus_domestica_a1.jpg, Lizenz: CC BY2.5,Malus domestica (pl. jabłoń domowa).
Abbildung 3: Cranach dem Älteren, Lucas,https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Lucas_Cranach_d.%C3%84._-_Adam_und_Eva_(Courtauld_Institute_of_Art).jpg#/media/Datei:Adam_and_Eve_(UK_CIA_P-1947-LF-77).jpg, Lizenz: Gemeinfrei, Adam and Eve.
Abbildung 4:jarmoluk,https://pixabay.com/de/photos/apfel-b%c3%bccher-stillleben-obst-256261/, Lizenz: Pixabay License, Apfel Bücher Stillleben.